Grünen-Abgeordneter Rösler fordert konsequentere Umsetzung des Biodiversitätsstärkungsgesetzes
Datum: 30.7.2021
„Streuobstbestände sind weiterhin durch Bauprojekte gefährdet. Dabei sind Streuobstwiesen seit einem Jahr durch das Biodiversitätsstärkungsgesetz besonders geschützt“, sagt Dr. Markus Rösler, Sprecher für Naturschutz der Grünen-Landtagsfraktion. „Doch die neuen Regelungen zum Schutz sind in manchen Kommunen und auch im Kreis Ludwigsburg noch nicht bekannt. Es hapert an der Umsetzung vor Ort.“
Seit dem 31. Juli 2020 gilt das Biodiversitätsstärkungsgesetz, das eine Regelung speziell für den Schutz von Streuobstwiesen vorsieht: Der neue Paragraph 33a im Naturschutzgesetz besagt, dass Streuobstbestände ab einer Größe von 1500 Quadratmetern erhalten werden müssen. Das hat das Umweltministerium auf eine parlamentarische Anfrage der Landtags-Grünen auf Initiative von Rösler bestätigt.
Streuobstwiesen gehören zu den artenreichsten Lebensräumen Mitteleuropas. „Will man diese für die Biodiversität so wertvollen Lebensräume erhalten, so gilt es, sie vor dieser fortschreitenden Bebauung zu schützen“, heißt es in der Antwort des Umweltministeriums. Dies sei die wesentliche Intention für die Regelung zum Streuobstwiesen-Schutz im Biodiversitätsstärkungsgesetz gewesen. Umwandlungen von Streuobstbeständen müssen demnach beantragt und genehmigt werden, bevor eine Rodung stattfindet. Selbst laufende Bebauungsplanverfahren mit Aufstellungsbeschlüssen und langjährigen Vorplanungen sind hiervon nicht ausgenommen. „Dazu gehören auch Aufstellungsbeschlüsse von Bebauungsplänen - da muss das Naturschutzgesetz in laufenden Verfahren ganz neu berücksichtigt werden," betont Rösler.
Der Schutz von Streuobstwiesen gilt dem Umweltministerium zufolge auch für beschleunigte Bebauungsplanverfahren nach den Baugesetz-Paragraphen 13a und 13b: Auch hier gebe es eine Verpflichtung für Artenschutzgutachten – selbst dann, wenn die Bebauung von Streuobstbeständen nur geplant ist.
Rösler geht aufgrund zahlreicher Rückmeldungen von Kolleginnen und Kollegen im Landtag sowie von Aktiven bei BUND, Landesnaturschutzverband, NABU und Schwäbischem Albverein davon aus, dass in vielen Kommunen und Landratsämtern noch Unklarheit darüber herrscht, ab wann die Regelungen gelten. Das Umweltministerium bestätigt jedoch in seiner Antwort, dass der Schutz unmittelbar und für sämtliche Streuobstbestände bereits seit dem 31.7.2020 gilt.
Die Umsetzung komme mancherorts nur schleppend voran, kritisiert der Umweltpolitiker: „Beispiele nicht nur im Kreis Ludwigsburg, sondern auch in den Kreisen Alb-Donau, Bodensee, Enzkreis, Hohenlohe, Rems-Murr und Zollernalbkreis zeigen, dass der neue Paragraph 33a zum Streuobstschutz insbesondere an den Ortsrandlagen bisher nicht oder ungenügend berücksichtigt wird. Dabei wurde dieser Schutz ganz speziell für Streuobstbestände in Ortsrandlagen und gegen Bebauung eingeführt“, so Rösler.
Umso mehr begrüßt Rösler gemeinsam mit Ralf Nentwich, dem zuständigen Abgeordneter für Streuobstbau im grünen Arbeitskreis Ländlicher Raum, die Information der Landesregierung: „Jetzt besteht eindeutige Klarheit über die Verpflichtung, Streuobstbestände zu erhalten. Wir weisen die Gemeinderäte, Kommunen und die Kreise auf den breiten Konsens von Landwirtschaft, Naturschutz und Politik hin und wir gehen davon aus, dass sich gerade in Baden-Württemberg alle konsequent für den Erhalt unserer Streuobstwiesen einzusetzen. Das Land fördert ergänzend die Bewirtschaftung von Streuobstwiesen auf vielfältige Weise und plant, diese Förderung noch weiter zu stärken“ so Rösler und Nentwich.
"Auf Bundesebene wurde der Streuobstanbau auf Initiative von Hochstamm Deutschland erst im März 2021 in die Liste des immateriellen Kulturerbes eingetragen - das muss für uns alle Ansporn sein, die stark gefährdeten Streuobstbestände konsequent zu erhalten", kommentiert Rösler, der in seiner Eigenschaft als ehrenamtlicher Sprecher des NABU-Bundesfachausschuss Streuobst eines der zwei erforderlichen Fach-Gutachten für die Antragstellung erstellt hatte.
„Streuobstwiesen bieten in Deutschland weit über 5000 Tier-, Pflanzen und Pilzarten einen wertvollen Lebensraum - und zudem gibt es bis zu 6000 verschiedene Obstsorten bei uns“, ergänzt Rösler. „Da wir den bei weitem höchsten Anteil an Streuobstbeständen in Deutschland und sogar die großflächigsten Streuobstbestände Europas haben, ist unsere Verantwortung für ihren Erhalt besonders groß: sie gehören zu Baden-Württemberg wie Spätzle oder Schwarzwälder Kirschtorte“, sagt der Umweltpolitiker, der sich seit drei Jahrzehnten auch international für Schutz und Förderung von Streuobstbeständen einsetzt.
Die Landtagsdrucksache zum Streuobst-Antrag finden Sie hier.