Am letzten Plenartag des Jahres hatte die Fraktion der AfD eine aktuelle Debatte angemeldet mit dem Titel: "Sparbeschlüsse der Ampelregierung auf dem Rücken der Steuerzahler!"
Als finanzpolitischer Sprecher habe ich hierzu meine Fraktion vertreten. Hier meine Rede im Wortlaut:
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen,
das Bundesverfassungsgericht hat mit seinem Urteil einen Teil des Haushaltsentwurfs der Bundesregierung als nichtig erklärt. Dieses Urteil hat den von der Ampel beschlossenen, aber – auch das gehört auch zur Wahrheit – federführend vom FDP-Minister Christian Lindner vorgelegten Haushalt mit 60 Milliarden Euro Sondervermögen für Klimaschutz als verfassungswidrig erklärt. Das heißt, da wurden Fehler gemacht. Von uns. Gemeinsam. Keine Frage.
Deswegen haben wir auch Verantwortung dafür übernommen und die Ampelparteien in Berlin haben sehr schnell einen überarbeiteten Entwurf vorgelegt und einen Haushalt aufgestellt, der die Menschen – hört, hört! – in vielerlei Hinsicht entlastet.
Machen wir einen Faktencheck. – Genau. Diese Rückfrage der AfD ist bezeichnend.
Insgesamt entlastet die Bundesregierung die deutschen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler um rund 15 Milliarden Euro.
Fakt Nummer eins: Der Grundfreibetrag, ab dem Einkommen unversteuert bleiben, erhöht sich um fast 700€ auf insgesamt 11.784€ im Jahr
Fakt Nummer zwei – da die AfD ja angeblich Fakten liebt, aber manchmal doch Schwierigkeiten damit hat –Die Kinderfreibeträge werden angehoben von 6024€ auf 6612€.
Fakt Nummer drei: Das Kindergeld wurde erhöht. Anstelle von 219€ gibt es künftig 250 € pro Monat.
Dadurch hat eine vierköpfige Familie in Zukunft pro Monat über 400€ mehr zur Verfügung.
Insgesamt entlastet die Bundesregierung die deutschen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler um rund 15 Milliarden Euro.
Das sind die Fakten.
Aber es geht noch weiter mit guten Nachrichten, liebe Kolleginnen und Kollegen von der AfD, aus Berlin.
Fakt Nummer vier: Das Wohngeld wird angehoben. Haushalte mit geringem Einkommen erhalten durchschnittlich 190 € mehr an Zuschuss zur Miete.
Fakt Nummer fünf: Der BAföG Satz wird angehoben: von 861 € auf 934€. Das ist damit eine der höchsten BAföG-Steigerungen die es jemals gab.
Dieser Haushaltsentwurf zeigt also, dass die Bundesregierung trotz aller Widrigkeiten und Einsparungen an anderer Stelle dafür sorgt, dass Familien und Menschen mit niedrigen Einkommen entlastet werden. Das ist ein starkes Zeichen für den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft, welches die Ampel in Berlin da gesetzt hat.
Es geht, wie schon eingangs erwähnt, nicht ohne Sparvorschläge. Anders hätte das Urteil des Bundesverfassungsgerichts nicht umgesetzt werden können. Denn Verantwortung haben wir da übernommen, und das heißt auch, dass wir unbequemen Entscheidungen getroffen haben. Vor denen darf man dann nicht zurückschrecken. Das gehört zum Mut bei der Prioritätensetzung.
Das betrifft die Gastronomie, mit dem steigenden Mehrwertsteuersatz. Das betrifft die Förderung von E-Autos. Das betrifft die Solarförderung sowie die steigenden Netzentgelte für den Ausbau der Stromtrassen. Das ist nicht angenehm. Aber wenn wir das Urteil des Bundesverfassungsgerichts umsetzen wollen – und wir wollen und müssen es zugleich -, dann müssen wir auch an der einen oder anderen Stelle sparen.
Von den Kürzungen im Haushalt ganz besonders betroffen sind die Landwirte, durch den geplanten Abbau von Subventionen für Agrardiesel und die Steuervergünstigung von Landwirtschaftsfahrzeugen. Hier hat sich unsere Fraktion, die grüne Landtagsfraktion, erst vorgestern in unserer Fraktionssitzung sehr klar positioniert: Wir sehen diesen Teil der Beschlüsse der Bundesregierung sehr kritisch und sagen deutlich: Die Abschaffung der Begünstigung der KfZ-Steuer für Forst- und Landwirtschaft sowie die Steuerbegünstigung beim Agrardiesel ist in der derzeit so schwierigen Situation der Landwirtschaft nicht zielführend.
Eine Preiserhöhung die wir mittragen ist der Anstieg des CO2-Preises. Die Ampel wird zum geplanten Preispfad der vorherigen schwarz-roten Bundesregierung von 45€ pro Tonne im Jahr 2024 zurückkehren.
Dadurch wird der Preis für den Liter Kraftstoff rechnerisch um vier bis fünf Cent steigen. Um ehrlich zu sein: Wenn irgendjemand hier aus dem Haus mal mit dem Auto morgens und abends an der Tankstelle vorbeifährt, dann sind die Preisschwankungen innerhalb eines Tages höher als dieses vier bis fünf Cent.
(Zwischenruf aus der Fraktion der AfD)
Das ist nicht unglaublich, das ist die Realität! Man muss sich nur die Tankstelle und die Preise anschauen. Zum Teil sind es 11 Cent innerhalb eines Tages.
Wir begrüßen auch die Bestrebungen zum Abbau klimaschädlicher Subventionen in diesem Haushalt.
Als klimapolitisches Instrument begrüßen wir aber diese Rückkehr zu einem Schritt für Schritt langsam steigenden CO2-Preis. Dieser CO2-Preis ist eines der effektivsten Mittel in der Bekämpfung der Erderwärmung. Es ist ein unbürokratisches Mittel, das Anreize zu klimaverträglichem Konsum und Produktion schafft. Da gibt es einen sehr breiten Konsens hier im Haus.
Jedoch fordern wir auch hier eine Form der Entlastung für die Bürgerinnen und Bürger, so wie es der Koalitionsvertrag vorsieht. Ein steigender Preis für CO2 darf nicht die Ärmsten belasten, die ihre Emissionen nicht verhindern können.
Deswegen werben wir bei unseren Kolleginnen und Kollegen in Berlin auch weiterhin für die Einführung eines Klimagelds. Die Verbraucherzentrale Bundesverband schlägt heute vor, dass dieser Betrag 139€ sein sollte.
Also auch die Verbraucherzentrale erinnert an diesen wichtigen sozialen Aspekt und die soziale Kombination, die wir begrüßen.
Wir begrüßen auch die Bestrebungen zum Abbau klimaschädlicher Subventionen in diesem Haushalt.
So wird die Luftverkehrsabgabe für den nationalen Flugverkehr deutlich erhöht und beschert dem Staat Mehreinnahmen von bis zu 580 Millionen Euro pro Jahr. Auch die Plastikabgabe an die EU wird nicht mehr vom Staat und damit pauschal vom Steuerzahler entrichtet, sondern wird an die Verursacher von Plastikmüll weitergegeben. Ein handelsüblicher Joghurtbecher – hört, hört, das sind Zahlen, die fand ich sehr interessant – würde dadurch nur um 0,3 Cent im Preis steigen, die Ausgaben des Staates aber sinken um 1,4 Milliarden Euro. Ich finde, das ist ein guter Ansatz, den wir Grüne ausdrücklich begrüßen.
Darüber hinaus ist es auch mit diesem Haushalt gelungen, Investitionsanreize für die Wirtschaft zu fördern. Das Wachstumschancengesetz bleibt erhalten und fördert aktiv die Transformation der Wirtschaft mit 7 Milliarden Euro. Alle zentralen Programme des Klima- und Transformationsfonds werden fortgesetzt. Das ost aktive Wirtschafts- und Umweltpolitik und zeigt: Wir lassen unsere Unternehmen nicht im Stich. Wir bauen Brücken zwischen Ökonomie und Ökologie. Das tun wir übrigens im Gegensatz zur AfD.
"Wir tun gut daran, uns den Aussagen der AfD auch öffentlich entgegenzustellen: Klar zu sagen: sie zu wählen ist kein harmloser Protest, sondern das ist eine Partei, die schädlich ist für die Zukunft unseres Landes und von uns allen."
- Siegfried Russwurm, Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie.
Wie hieß es gerade eben vom Kollegen Sänze? Unsere Industrie braucht Vertrauen. Ich weiß, wer bei der Industrie kein Vertrauen hat.
Ich zitiere das Handelsblatt, das ist ja unverdächtig. Da zitiere ich den Präsidenten des Bundesverbandes der Deutschen Industrie, Siegfried Russwurm. Zitat von ihm von gestern:
Die AfD ist schlecht für dieses Land, auch weil sie ein Klima von Hass, Polarisierung und Ausgrenzung befeuert.
Ich zitiere weiter den Kollegen Russwurm:
Eine politische Bewegung, die die Welt rückwärts zu Nationalismus beschwört, ist schädlich für dieses Land: für die Wirtschaft und für Ansehen und Erfolg im globalen Kontext.
Und er schließt ab. Ich finde schon, dass das im Parlament mal deutlich gesagt werden muss, dass der Präsident der bundesdeutschen Industrie formuliert:
Wir tun gut daran, uns den Aussagen der AfD auch öffentlich entgegenzustellen: Klar zu sagen: sie zu wählen ist kein harmloser Protest, sondern das ist eine Partei, die schädlich ist für die Zukunft unseres Landes und von uns allen.
Soweit die Aussagen aus der Industrie.
Es gehört zur Wahrheit, dass dieser Haushaltsentwurf einige Punkte enthält, die wehtun. Damit macht man sich nicht beliebt. Ich erinnere mich noch an die Zeiten 2011/2012, als wir mit den Kolleginnen und Kollegen von der SPD harte Einschnitt durchführen mussten. Auch das hat niemanden gefreut. Aber wenn kein Geld da ist, muss man entsprechende Entscheidungen treffen, die eben nicht vergnügungssteuerpflichtig sind.
Das gilt heute genauso wie damals.
Unter den gegebenen Umständen hat die Bundesregierung in Berlin einen guten Haushaltsentwurf vorgelegt.
Im Gegensatz zum Bund haben wir aber im Land keine Corona-Notkredite umgewidmet, auch wenn das immer wieder hier im Haus gefordert wurde. Dafür habe ich mich auch immer persönlich eingesetzt, genauso wie unser Fraktionsvorsitzender Schwarz: klare Bindung, Corona-Kredite nur für Corona-Ausgaben. Auch das Finanzministerium mit Minister Bayaz und der Ministerpräsident sowie unsere Kollegen von der CDU waren da immer mit dabei. Wir haben auch mit diesen Notkrediten keine Sondervermögen gebildet.
Im Gegenteil – ich komme zum Schluss –: Wir lösen unter grüner Führung derartige Schattenhaushalte aus früheren Zeiten sogar auf. Es gibt nach wie vor nur einen einzigen Ministerpräsidenten, unter dessen Regierungszeit Schulden in Baden-Württemberg getilgt wurden, und der heißt Winfried Kretschmann. Vielen Dank dafür!
Unter den gegebenen Umständen hat die Bundesregierung in Berlin einen guten Haushaltsentwurf vorgelegt. Alle Beteiligten – von der SPD, von der FDP und von uns Grünen – haben meine höchste Anerkennung dafür, einen solchen Kompromiss bei einer derart unterschiedlichen Interessenslage und unter derart schwierigen Rahmenbedingungen ausgehandelt zu haben.
Vielen Dank!