Der sogar international einzigartige Wert einer Obstbaumwiese im gesamten Natur- und Artenschutzkreislauf ist wohl den wenigsten Menschen bewusst.
Datum: 22.1.2021
Mit über 5.000 Tier- und Pflanzenarten sowie rund 6.000 Obstsorten sind unsere Streuobstwiesen "Hot Spots" der Biologischen Vielfalt für ganz Mittel- und Westeuropa. Dies darzustellen und Lösungen zur Erhaltung des Streuobstbaus aufzuzeigen, war Ziel eines digitalen Salons der grünen Enzkreisabgeordneten Stefanie Seemann.
Dazu konnte sie nicht nur ihren Parlamentskollegen aus den Nachbarwahlkreis Vaihingen/Enz, Dr. Markus Rösler, gewinnen, sondern auch noch 50 Interessierte und Fachleute aus der Region und dem Land. Der Landschaftsökologe Markus Rösler stammt aus einer Obstbauern- und Wengerterfamilie, ist selbst aktiver Hobbymostobstbauer und ist schon seit 1992 Sprecher des NABU-Bundesfachausschuss Streuobst. Er und die Mitglieder des grünen Arbeitskreises Ökologie im Kreisverband Pforzheim-Enz zeigten in spannenden Impulsreferaten auf, wie eng Hochstämme, Totholz, Vogelwelt, Insektensterben und Artenvielfalt auf der Wiese und gesunde Ernährung zusammenhängen. So zeigten z.B. neueste Untersuchungen, dass der Verzehr alter Apfelsorten die Zahl und schweren Folgen von Apfelallergien deutlich senken könne. Auch der Einsatz neu entwickelter Apfellesemaschinen, wie sie unlängst vom OGV Mühlacker vorgestellt worden waren, wurde bildhaft geschildert von einem Anwenderehepaar, die im Alleingang damit 70 Tonnen Äpfel aufgelesen und versaftet haben.
In der sehr lebhaften Fragen- und Diskussionsrunde wurden die Bekämpfung von Rindenbrand ebenso besprochen wie der auf unter 20 Euro je 100 kg sinkende Preis für Bio-Mostobst aus Streuobstbau und der Verzicht auf Chemie im Streuobstbau.
Wir haben bei uns im Südwesten größten zusammenhängenden Streuobstbestände in Europa. Dieses besondere Kulturgut muss erhalten bleiben zum Nutzen der Artenvielfalt und der Gesundheit. Dazu benötigen die Bewirtschafter faire Preise von mindestens 20 bis 25 Euro pro Doppelzentner. Sonst gibt es keinen ökonomischen Anreiz, Bäume zu pflanzen und zu pflegen.
„Damit wir diesen Hotspot der Biodiversität erhalten können, müssen wir die passenden Rahmenbedingungen schaffen für den Fortbestand des Streuobstanbaus. Deshalb ist es gut, dass wir den Schutz von Streuobstwiesen ab 1.500 Quadratmetern Fläche im neuen Naturschutzgesetz verankert haben. Aber wir brauchen auch Menschen, die dies mit Freude und aus Überzeugung tun und die den Wert dieser Lebensmittel kennen und zu schätzen wissen“, postuliert Gastgeberin Stefanie Seemann.
Seemann und Rösler waren sich einig: "In der nächsten Legislatur wollen wir den Streuobstbau und die Obstsortenvielfalt noch stärker fördern. Dazu gehört eine Imagekampagne für Hochstamm-Obst, ein Investitionsförderprogramm für kleine Keltereien und eine stärkere Unterstützung von Initiativen und Unternehmen, die faire Preise für die Streuobst-Bewirtschafter bezahlen. Damit wollen wir dazu beitragen, die Nationale Biodiversitätsstrategie umzusetzen. Denn in dieser ist das Ziel formuliert, dem Rückgang der Streuobstbestände entgegenzuwirken und diese um 10 Prozent auszuweiten."