Grüne für mehr Schiene, Bus und Radwege
Datum: 5.7.2023
Rund 60 Gäste diskutierten am Freitagabend mit der Bundestagsabgeordneten Dr. Sanda Detzer und dem Landtagsabgeordneten Dr. Markus Rösler (beide GRÜNE) im Widdumhof Münchingen über den geplanten autobahnähnlichen Ausbau der B10 zwischen Vaihingen/Enz und Korntal-Münchingen auf einer Länge von 12 km. Dieses Vorhaben ist Teil des Bundesverkehrswegeplanes und wird derzeit vom Regierungspräsidium Stuttgart geplant. „Der Ausbau ist nicht mehr zeitgemäß“, war am Ende das mehrheitliche und eindeutige Resümee sowohl der Vortragenden Stefan Kerner als Vorsitzendem des Bauernverbands Heilbronn-Ludwigsburg, Gero Treuner vom Landesvorstand des Verkehrsclubs Deutschland, wie auch der Zuhörerschaft.
„Der Flächenverbrauch für eine Vervierfachung der Straßenbreite sowie durch die notwendig werdenden Anschlussstellen würde etwa bei 60-70 Hektar liegen“, rechnet Rösler vor. Die Trasse führe außerdem durch die besten Böden des Strohgäus, sogar ganz Deutschlands mit Ertragsmesszahlen weit über 60. Rösler verwies auch auf den untrennbaren Zusammenhang zwischen den geplanten Regionalen Gewerbeschwerpunkten in Schwieberdingen und Korntal-Münchingen und der Verkehrsbelastung auf der B10: „Diese Gewerbeschwerpunkte würden nicht nur zu weiterem Flächenverbrauch, sondern auch zu einer deutlichen Zunahme des Straßenverkehrs führen und damit die Ziele des Klimaschutzes konterkarieren“, so der Abgeordnete.
Auch Kerner kritisiert die enorme Versiegelung bester landwirtschaftlicher Böden in den vergangenen Jahren. Er betonte die große Bedeutung der Agrarflächen sowohl für die Ernährungssicherung wie auch als Wasser- und CO2-Speicher. „Aktuell könnten wir uns in Baden-Württemberg mit Getreideprodukten und Ölsaaten noch vollständig selbst versorgen. Bei allen anderen Lebensmittelprodukten sind wir bereits jetzt auf Importe aus anderen Bundesländern und Ländern angewiesen. Die Bedeutung der regionalen Ernährungssicherung sollte uns spätestens jetzt, nach den letztjährigen Krisen bewusst sein“, erläutert Kerner.
Treuner empfahl insbesondere den Radschnellweg sowie die Umsetzung der Stadtbahn im Kreis Ludwigsburg sowie den Ausbau der Metropolexpress-Linien als Alternativen. „Der Ausbau von Straßen vermehrt den KFZ-Verkehr. Es ist Tatsache, dass eine schnellere Verbindung weitere Pendler anzieht,“ so der Verkehrsexperte. Außerdem verwies er auf den Vorschlag für ein Bundesmobilitätsgesetz, den sein Verband erarbeitet hat. Dabei handelt sich um einen Gesetzesentwurf des VCD für die Bundesebene, der den veralteten Rechtsrahmen ablösen könnte.
Detzer weist darauf hin, dass der Bundesverkehrswegeplan bisher ohne verkehrliches Gesamtkonzept entstanden sei. Es handle sich dabei um ein buntes Sammelsurium von Wünschen der Länder an den Bund. Zudem sei er mit aktuell 270 Mrd. Euro Anmeldevolumen deutlich überzeichnet. „Schon aus finanziellen Gründen wird nur ein geringer Anteil aller Verkehrsprojekte mit den im Bundeshaushalt zur Verfügung stehenden Mitteln in den nächsten Jahren realisiert werden können. Der B10-Ausbau zwischen Münchingen und Enzweihingen gehört für mich nicht dazu. Und er gehört nicht zu den kürzlich beschlossenen 144 beschleunigten Infrastrukturprojekten“, berichtet Detzer. Die grüne Bundestagsabgeordnete wies zudem auf das Klimaschutz-Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2021 hin: „Wir werden den Bundesverkehrswegeplan auch im Lichte des Klimaschutzes kritisch prüfen müssen, um unserer Verantwortung für mehr Klimaschutz gerecht zu werden.“
Am Ende herrscht Einigkeit bei den Grünen Politikern und Gastgebern vom Grünen Ortsverein Korntal-Münchingen, den Podiumsteilnehmern sowie den Gästen, die sich im Rahmen der Diskussion zu Wort meldeten: Bei Straßenbauplanungen wie dem autobahnähnlichen Ausbau der B10 zwischen Vaihingen/Enz und Stuttgart müssen künftig viel stärker als bisher die Belange des Klimaschutzes, Bodenschutzes und Naturschutzes berücksichtigt werden. Außerdem sollten sich Vertreter von Mobilitätsverbänden und der Landwirtschaft sowie Klima- und Naturschutz- und diverse Bürgerinitiativen, die sich entlang der B10 in den letzten Jahren gebildet haben, künftig intensiv vernetzen und eng zusammenarbeiten, um die Mobilitätswende konkret werden zu lassen, das bisherige Bauvorhaben zu stoppen und das Geld für andere Maßnahmen zu verwenden.
„Der autobahnähnliche Ausbau wäre ein Projekt aus dem letzten Jahrhundert. Wir stehen für zukunftsfähige Investitionen in moderne Mobilität wie die Stadtbahn nach Markgröningen und Schwieberdingen, in einen Regionalbus von Vaihingen nach Renningen, eine Verlängerung der U13 Richtung Ditzingen, eine schnelle Radwegverbindung von Vaihingen/Enz bis Stuttgart und die Durchbindung der Strohgäubahn von Korntal nach Stuttgart“, so Detzer und Rösler.